Der späte Fall des Hubert Gorbach

Hubert Gorbach Hubert hat in seinem Leben viel erreicht: Er war Bundesobmann des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ), er war Verkehrsminister, Vizekanzler und zuletzt sogar als Wahlbeobachter in Weißrussland aktiv. Geht es nach seinem (mittlerweile ehemaligen) Parteikollegen Ewald Stadler, dann soll er außerdem einer der „größten Blender der zweiten Republik“ sein.

Wie konnte es so weit kommen?

FPÖ in Regierungsverantwortung
1999 erzielt die FPÖ ihr bislang bestes Wahlergebnis: 26,9 Prozent der Stimmen sichern ihr den zweiten Platz; knapp vor der ÖVP, mit der sie in den nächsten Jahren das Land regieren wird. Die Freude währt nicht lange, ständig gibt es Streit in der Partei. Am Sonderparteitag in Knittelfeld provozieren die Freiheitlichen Neuwahlen und werden dafür abgestraft, sie fallen auf 10%. Weil aber Wolfgang Schüssel weder mit der SPÖ, noch mit den Grünen zusammenarbeiten will, darf die FPÖ weiterhin Regierungsämter bekleiden.

FPÖ im Sturzflug, Gründung des BZÖ
Im Feber 2003 wird Hubert Gorbach Verkehrsminister, im Herbst folgt er dem Unglücksraben Herbert Haupt als Vizekanzler nach. Im Frühjahr 2005 verlässt er das sinkende Schiff und tauscht sein blaues Parteibuch gegen ein orangenes: Gemeinsam mit u.a. Jörg Haider, Uwe Scheuch und Herbert Scheibner gründet er das BZÖ. Er bleibt bis Ende 2006 in der Regierung, wechselt dann in die Privatwirtschaft. Im August 2011 wird er aus dem BZÖ ausgeschlossen. Er soll Schmiergelder angenommen und die Partei bestohlen haben.

Telekom Affäre

Die Telekom Austria hat als ehemaliger Monopolist und Staatsbetrieb (das Telefonnetz wurde mit Steuergeld aufgebaut) auch heute noch Infrastrukturleistungen zu erbringen. Dazu zählen etwa die Versorgung mit Telefonzellen und die Abwicklung von Notrufnummern; Details dazu sind in der sog. Universaldienstverordnung (UVDO) geregelt.

Gutes Gesetz für die Telekom
Mit der Gesetzesnovelle vom Oktober 2006 wurden 0800-Gratisnummern, etwa für Sozialservicestellen, vom „ungehinderten“ Zugang ausgenommen: Die TA durfte ihren Mitbewerbern fortan Gebühren für die Benutzung der Leitungen verrechnen, selbst wenn die Telefonate für den Kunden kostenfrei waren. Mit einem Schlag waren der Telekom Mehreinnahmen von 10 Millionen Euro jährlich garantiert.
"Anlassgesetzgebung zugunsten der Telekom Austria" sei dies, empörte sich der Verband alternativer Netzbetreiber (VAT) damals. Allein, es half nichts: Es war eine von Hubert Gorbachs letzten Amtshandlungen; sie wurde nur kurz diskutiert, schnell im Parlament beschlossen und ist bis heute gültig.

Guter Start für den Jungunternehmer Gorbach
Im Sommer 2011 deckt das Nachrichtenmagazin „NEWS“ auf, dass sich die Telekom Austria mit 264.000 Euro bei Hubert Gorbach bedankt hat. Die Zahlungen wurden über eine Firma Peter Hocheggers abgewickelt; acht Überweisungen zu je 33.000 Euro sollen es gewesen sein. Für eine Sekretärin, wie es heißt. Über seinen Anwalt Martin Mennel lässt Hubert ausrichten, dass er davon ausgeht, dass das Ermittlungsverfahren nach erfolgter Prüfung (..) der Rechtslage eingestellt wird".

Weitere 600.000 Euro über das BZÖ
Auch das BZÖ hat Geld von der Telekom erhalten. Über die Wiener „Projektentwicklung Werbeagentur SCHMIED Gmbh“ sollen 600.000 Euro an die Partei geflossen sein. Das BZÖ spricht von 300.000 Euro, die in den Büchern vermerkt sind – und denen, die Vorwürfe bekräftigend, keinerlei erbrachte Leistung gegenübersteht. Das Geld sei allerdings unauffindbar. Parteichef Bucher geht davon aus, dass es über die Partei gewaschen und danach wieder abgezweigt worden sei. Hubert wurde unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe aus der Partei ausgeschlossen

ÖBB Privatisierungen

Nicht nur beim Telekom-Gesetz dürfte der Minister an seine berufliche Zukunft gedacht haben. Schon 2005 hatte er angedeutet, sich Ende 2006 aus der Politik zurückzuziehen und bei seinem Freund Walter Klaus anheuern zu wollen. Bevor es soweit war, galt es aber noch Teile der ÖBB zu privatisieren: Den Zuschlag für die ÖBB-Bodenseeschifffahrt erhielt ein Konsortium um Walter Klaus. Hubert bleibt vier Monate in dessen Unternehmen und gründet anschließend die „Gorbach Consulting GmbH“ in seiner Heimatgemeinde Frastanz in Vorarlberg.

BZÖ Werbeagentur

Immer wieder war das BZÖ mit dubiosen Geldeingängen aufgefallen. Die junge Partei hatte die „Orange Werbeagentur Gmbh“ gegründet und mit dieser gut verdient: So bezahlte die STRABAG etwa 240.000 Euro für ein PR-Konzept zur Einführung der LKW-Maut in Osteuropa. Die Studie war im Zuge des Ausbaus der Nordautobahn beauftragt worden, Hubert Gorbach war damals Verkehrsminister.

300.000 Euro von den Casinos Austria
Noch lukrativer kam dem BZÖ das Thema Online-Glücksspiel: Ein gerade mal zehnseitiges Gutachten war den Casinos Austria (Österreichische Lotterien) 300.000 Euro wert. Der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung steht im Raum und mehr: Das BZÖ hatte 2006 seine Zustimmung zu einer Gesetzesnovelle verweigert, die den österreichischen Lotterien ihren Monopolstatus gekostet hätte. "Seit 2006 versuchen offensichtlich nicht nur Novomatic [VP-naher Spielautomatenhersteller, Anm.], sondern auch die Lotterien-AG sich ein maßgeschneidertes Glücksspielgesetz zu kaufen“, stellte der Grünen Abgeordnete Peter Pilz dazu fest.

Eine zentrale Rolle bei den Deals soll Kurt Lukasek gespielt haben. Derselbe FPÖ/BZÖ-Politiker, der mit Uwe Scheuch einst über den Verkauf von Staatsbürgerschaften sinniert hatte (Einbürgerungen im Gegenzug für Parteispenden).
Die „Orange Werbeagentur“ wurde 2010 stillgelegt.

Anekdoten am laufenden Band

Der Rechnungshof hatte Huberts ÖBB-Reform schon zerpflückt, da war diese noch gar nicht beschlossen; legendär auch die Forderung nach einem Blaulicht für seinen Dienstwagen. Mindestens ebenso heftig diskutiert war Huberts Bestreben, Tempo 160 auf Österreichs Autobahnen einzuführen: Umweltschützer traten auf den Plan, weil der höhere CO2-Ausstoß in keiner Relation zur Zeitersparnis gestanden hätte; Versicherungsdienstleister gaben zu bedenken, dass sie infolge des erhöhten Unfallrisikos (!) die Prämien für Haftpflichtversicherungen anheben müssten. Dennoch wurde am 2. Mai 2006 eine 12 Kilometer lange Tempo-160-Teststrecke eröffnet, die Warntafel „Bleib am Leben. Geh vom Gas“ war Nachts zuvor abgehängt worden. Das Projekt hat 7 Millionen Euro gekostet.

Gorbach-Englisch, weltberühmt
September 2007, Hubert ist auf der Suche nach neuen Nebeneinkünften. In einem Brief klagt er dem britischen Außenminister Alistair Darling sein Leid: "The world in Vorarlberg is too small“ für ihn geworden. Immerhin war er ja Statthalter von Vorarlberg und Vizekanzler von Österreich gewesen, einzig für seinen alten Freund, den Walter Klaus, habe er zwischenzeitlich das internationale Parkett verlassen. Nun wollte er seine hervorragenden Kontakte dem britischen Außenministerium zur Verfügung stellen.

Das Schreiben gelangte an die Öffentlichkeit, es wurde im In- und Ausland verspottet. Der Brief wies nämlich Mängel auf: Der Name des Adressaten war falsch geschrieben, Huberts Englisch ist grotesk schlecht und dann hatte er auch noch offizielles Briefpapier der Republik Österreich verwendet - was illegal ist, wenn man kein Amtsträger ist. [3.600 Euro Verwaltungsstrafe möglich.] Eine parlamentarische Anfrage der Grünen brachte zutage, dass Hubert ähnliche Briefe auch nach Russland und Litauen verschickt hatte.
Hubert besteht weiterhin darauf, gut Englisch zu sprechen. Er behauptet sogar, Politiker zu kennen, die ihre eigene Muttersprache (!) schlechter sprächen, als er Englisch. Dass ihn die Medien ausgelacht haben, sei eine Sauerei.

Wahlbeobachter in Weißrussland
Hubert sitzt heute im Aufsichtsrat der RHI (einer Aktiengesellschaft im Teilbesitz von Martin Schlaff), ist Präsident der Schneiakademie (einer Plattform zum Informationsaustausch für Personen, die mit Schnee zu tun haben) und hält 20% am Frastanzer Versicherungsmakler "Supergau GmbH" („passt ganz gut in das Portfolio meiner Gorbach Consulting GmbH").
Vor allem aber unterhält er Geschäftsbeziehungen nach Osteuropa. Und die weiß er zu pflegen: Auf Einladung des weißrussischen Außenministers war er 2010 als Wahlbeobachter zu den Präsidentschaftswahlen nach Minsk gereist, um festzustellen, dass der Urnengang "westeuropäischen Standards entsprochen" hätte.
Wahlbeobachter der OSZE beklagten hingegen, dass die Wahlen keinesfalls demokratischen Kriterien entsprochen haben: Der Verdacht der Wahlfälschung stand im Raum. Der „wiedergewählte“ Präsident Lukaschenko hat später sogar 600 Oppositionelle verhaften lassen.

Praktische Kristallisationsfigur
Dass so viele skurrile Episoden aus Huberts Leben übermittelt sind, dürfte ein wenig von fehlendem Maß und Geschick des Vorarlbergers zeugen. Als solcher könnte er ein ganz praktisches Rädchen im System gewesen sein. Auch einer, mit dem nicht immer ganz ehrlich gewesen ist: Wenn man ihm etwa ein geradezu grotesk kitschiges PR-Konzept anbot, aus dem er als Kristallisationsfigur hervorgehen sollte, die - ob zu Land, Luft oder Wasser - stets das richtige Verkehrsmittel zu nutzen weiß...


Hubert Gorbach, *1956 in Vorarlberg
http://de.wikipedia.org/wiki/Hubert_Gorbach

Video: Hubert Gorbach aus BZÖ ausgeschlossen

|hubert gorbach|

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